Gibt es ein einendes allen eigenes, verbindendes Merkmal meiner Fotoarbeiten, welches das Individuelle meiner Bilder erfasst, ihnen einen Wiedererkennungswert verleiht, meine Handschrift
verdeutlicht, sie als Autorenfotografien kennzeichnet? Stimmungsfotografie, Fotokunst, Ausstellungsfotos, Fotospecials, Naturfotografie, Bildergalerie oder Fotogalerie wären sicherlich
Möglichkeiten einer Umschreibung, aber trifft das nicht mehr oder weniger auf fast alle ambitionierte Fotografie zu?! Mir ist klar, dass meine Fotos nicht in die üblichen Kategorien
Porträtfotografie, Industrie-und Architekturfotografie, Reisefotografie, Tierfotografie, Landschaftsfotografie, Makrofotografie usw. passen, aber natürlich aus all diesen Bereichen Elemente in
meinen Bildern enthalten sind.
Vielleicht ist es der spezielle Umgang mit Licht oder die Suche nach dem Wesen der Dinge, eine tiefe Liebe zu allem Echten, Klaren, Archaischen; das Bedürfnis, das Alltägliche zu würdigen, zu
manifestieren und in seiner Bewegung und Veränderlichkeit sichtbar zu machen; „der Blick dahinter“; die Bereitschaft das ganz Banale in seiner Grandiosität zu erkennen; der Humor, um in grotesken
Szenen auch Komisches sehen zu können; die Ablehnung des nur Schönen und auch die Anfälligkeit dafür; manchmal die atmosphärische, nicht auf ein Motiv gerichtete Sicht auf das "Dazwischen"; der
Wille zum Ausdruck all dessen, was das Leben ausmacht und dadurch eine Intensivierung der Wahrnehmung und des Lebensgefühls; der Reiz, Zeit "festzuhalten", sichtbar zu machen oder auch zu raffen;
aber auch die Freiheit einfach auszulösen bei sich wiederholt in die Aufmerksamkeit drängenden Motivgruppen, ohne zu wissen, warum und wozu diese Aufnahmen wichtig sein könnten und selbst erst
viel später (eventuell) zu begreifen, warum ich das machen musste. Und hier bin ich wohl bei dem wesentlichsten Merkmal meiner Fotografie: der Überlappung von Malerei und Fotografie. Ähnlich
funktioniert nämlich auch meine Malerei.
Es ist möglich, beim Malen eine Absicht, ein Ziel zu haben und dies dann ganz bewusst und wohlüberlegt umzusetzen. Mein Weg ist aber meist der, abzuwarten was kommt und dieser Spur dann zu
folgen. Eine begleitende und nachträgliche Auseinandersetzung mit dem Entstandenen und die Suche danach, welche Aussage darin verborgen sein könnte, macht einen hohen Anteil meiner Motivation
aus. Ich weiß also meist vorher nicht, was ich malen werde, aber indem ich mich einlasse und vertiefe, wächst das Bild.
Wenn ich anfange zu fotografieren, bin ich auch erstmal nur bei dem Sichtbaren, der Oberfläche, sehe Farben, Licht, Strukturen, komme aber zunehmend in eine bestimmte Verfassung, fokussiere mich
auf einen Aspekt und wenn ich Glück habe, stehen am Ende einer solchen Reihe ein oder zwei Bilder, die etwas Wesentliches des Sujets in ganz klarer, reiner Form verkörpern. Ich kann das zwar
wollen, aber entweder es passiert oder eben auch nicht. Und ich habe gemerkt, dass die Fotos, die sich dann abheben von den "Zubringern", meinen gemalten Bildern gemeinsam haben, dass sie
metaphorisch wirken, scheinbar eine Geschichte beinhalten, Fotos sind, die wie gemalt erscheinen oder hätten eben auch gemalt sein können. Mit dem Fotoapparat "malen", aber auch entdeckte Details
des Gemalten fotografieren – das kennzeichnet unter anderem meine Bilder.